Die wahre Religion und das moderne Seelenleben
Religionskritik à la „Gott in den Genen“, „evolutionärer Humanismus“, „Der Gotteswahn“ oder „Hätte man Verstand, bräuchte man keine Götter“ sind Schlagworte bzw. Bestseller, die Zeugnis geben vom geistigen Verfall unserer Zeit. Dagegen drückt ein Jugendgedicht Nietzsches, des späteren erklärten Atheisten, noch etwas Edles aus:
Noch einmal, eh’ ich weiter ziehe
und meine Blicke vorwärts sende,
heb ich vereinsamt meine Hände
zu dir empor, zu dem ich fliehe,
dem ich in tiefster Herzenstiefe
Altäre feierlich geweiht,
daß allezeit
mich deine Stimme wieder riefe. [...]
Ich will dich kennen, Unbekannter,
du tief in meine Seele Greifender,
mein Leben wie im Sturm Durchschweifender,
du Unfaßbarer, mir Verwandter!
Ich will dich kennen, selbst dir dienen!
Wer sich mit den Ursachen dieses geistigen Zusammenbruchs auseinandersetzen möchte, in dem Religion nur noch für fremdbestimmte, schwache Charaktere als subjektiven Mythos Geltung behält, wird in diesem Sonderdruck aus der dreibändigen, mehrfach neu aufgelegten Publikation von 1923 von Esser und Mausbach, Religion Christentum Kirche – eine Apologetik für wissenschaftlich Gebildete, zweifelsohne fündig. Joseph Mausbach geht dem Wesen der Religion und ihrer vollkommenen Entfaltung im Christentum auf den Grund und zeigt die Vollendung von Verstandeskraft und freiem Willen in dieser Offenbarungsreligion auf; es wird deutlich, wie arm sich die moderne, subjektiv gestaltete Gefühlsreligion dagegen ausnimmt, die unfähig ist, den Menschen zur Erlösung zu führen, die der dreifaltige Gott uns bereitet hat.