aus dem Englischen übertragen von Julian Voth
Jeder, der bei Verstand ist und einen klaren Blick hat, weiß, dass unsere Zivilisation nach der verderblichen Wirkung der Industrialisierung einen von drei Ausgängen nehmen muss: Sie kann untergehen; sie kann die Sklaverei wiedereinführen; oder das Eigentum wiederherstellen. Der oberflächliche Beobachter der Gegenwart, vor allem, wenn er kein Wissen von Europa und der Vergangenheit hat, kommt zu einer der ersten beiden Schlussfolgerungen. Unsere gesamte konstruktive Gesetzgebung, d. h. unser gesamtes gegenwärtiges Bemühen, dem Untergang zu entgehen, steuert dem dauerhaften Sklavenstaat entgegen. Diejenigen, die glauben, dass der Sozialismus oder der Kommunismus von Dauer sein könnte, sind zu vernachlässige, denn sie verstehen nichts vom Menschen.
Die dritte Lösung aber, die Wiederherstellung des Eigentums, wird sogar in diesem Land von einer kleinen, aber wachsenden Gruppe ins Auge gefasst. Sie ist klein, da die Idee des Eigentums (abgesehen als Bezeichnung für ein Privileg der Vielen gegen die Wenigen) derart aus der modernen englischen Seele getilgt wurde, wie die alte Landesreligion aus der Seele des 18. Jahrhunderts getilgt wurde. Es gibt immer nur eine kleine Anzahl von Pionieren, die eine Maschine kalt starten können.
Aber ihre Zahl wächst, weil ihr Ideal für den Menschen schlichtweg instinktiv ist. Kein Mensch mit vollkommener Wahlfreiheit wird jemals Sklave sein. Er mag die Sklaverei als unvermeidlich erachten. Er mag sich aus Gewohnheit als Sklaven in einer Sklavengesellschaft fühlen und ihre Macht, sein Leben zu bestimmen, lediglich als Erleichterung seines Loses betrachten. So begrüßt der Ladengehilfe die Sklavengesetze, die seine Herren schufen, die es ihm sowohl in ihrem eigenen, als auch in seinem Interesse verbieten, mehr als eine gewisse Anzahl von Stunden zu arbeiten. Aber gibt man ihm die vollkommene Freiheit (ein Begriff, der im heutigen England der Besitz eines großen Batzen Geldes bedeutet) und er würde es ganz sicher nicht begrüßen, dass es ein Gesetz gäbe, welches ihm jegliche Arbeit seiner Wahl zu einem Zeitpunkt seiner Wahl verbietet. Ein reicher, junger Mann, der sich für das Malen ereifert, wäre keineswegs erfreut, würde man ihm das Malen an einem Sommerabend nach sechs Uhr unter Strafe verbieten.
Es gibt keine Freiheit ohne Eigentum und folglich, da dem Menschen die Freiheit ein natürliches Verlangen ist – ist das Verlangen nach der Wiederherstellung des Eigentums, sollte es verlorengegangen sein, natürlich.
Die Bewegung also, ist sie auch klein in ihren Anfängen, ist zum Wachsen bestimmt. Wie sehr sie wächst, vermögen wir unmöglich zu sagen, aber wir wissen, dass die Luft, die wir atmen, ihrem Wachstum feindlich gesinnt ist.
Nun ist die notwendige Begleiterscheinung eines Systems des wiederhergestellten Eigentums, und praktisch betrachtet dessen Fundament, ein wiederhergestelltes Eigentum auf dem Land, auf dem gesamten Land, und insbesondere auf dem Agrarland. Die Erkenntnis dieser Wahrheit hat die katholischen Landvereinigungen erschaffen. Eine Wahrheit untermauert die andere und die allgemeine Wahrheit des Glaubens fördert die besondere Wahrheit, dass der vollkommene Bürger ein freier Mann ist, der auf dem Land arbeitet. Genau aus diesem Grund hat die katholische Kultur Europas instinktiv den Bauern erhalten. Aber wenn wir eine Bauernschaft in einer Gesellschaft neu erschaffen wollen, die bis auf die Wurzeln mit dem Industriekapitalismus verseucht ist, benötigen wir zweierlei Dinge: ein allgemeines und ein spezielles. Das Allgemeine ist die Geisteshaltung, in der der Besitz von Eigentum durch den armen Mann, insbesondere der Landbesitz und vor allem derjenige Landbesitz, den er für sein Auskommen kultivieren kann, normal und weithin akzeptiert ist. Das Spezielle ist die Gesetzeshaltung, in der Kleinbesitz begünstigt wird. Die erste dieser Notwendigkeiten, die allgemeine, werde ich nicht en détail erläutern. Sie gehört in einen eigenen Bereich, denn sie koinzidiert weitestgehend mit einem religiösen Wandel. Den Industriekapitalismus hat nicht die Maschine geschaffen, sondern der durch falsche Philosophie pervertierte Geist des Menschen. In unserer Zivilisation steht der französische Häresiarch Jean Cauvin, besser bekannt unter der latinisierten Form seines Namens, „Calvin“, am Ursprung dieser Perversion. Die Kraft, die das Eigentum unter uns zerstört hat, ist die Habgier. Wenn das Vermögen als höchstes Gut betrachtet wird, dann wird jeder danach streben, das meiste davon für sich zu beanspruchen. In diesem Wettkampf erwirbt eine immer kleiner werdende Personenzahl dieses Desiderat, und jedes neue Konglomerat schluckt das, was geringer ist als es selbst. Hier erscheint das ewige Paradoxon, das am vorzüglichsten durch Unseren Herrn zum Ausdruck gebracht wurde, als Er sagte, dass derjenigen sein Leben verliert, der es retten will. Millionen schachern untereinander, jeder Einzelne hat im Sinn, das Meiste in seinen Klauen zu halten. Sie enden in einem allgemeinen Raubzug, nach dem der großen Mehrheit nichts mehr übrig bleibt. Erst wenn dieses Haupterzeugnis der Reformation ausgemerzt ist, kann die rechte Lebensweise wiederkehren.
Aber mit der Herbeiführung eines so gewaltigen geistlichen Wandels muss der Schutz der Wenigen einhergehen, die daran beteiligt sind. Man kann die Saat des Privateigentums nur in einen Boden säen, der sachgemäß bereitet wurde. Sie keimt nur dort, wo günstige Bedingungen herrschen.
Die Gesetzeshaltung heute, unter der wir in England leben, ist verderblich für den Kleinbesitz, insbesondere in Form von Grund und Boden. Sie ist sogar noch verderblicher für die Pflege desselben. Ein schwerer Tribut muss an die Advokatenzunft geleistet werden. Ein Tribut, der in umgekehrter Proportionalität zur Menge des Landes wächst, das erworben wird. Eigentum wird so kompliziert wie möglich übereignet, um die Anwälte mit Geld zu versehen, und keine Karte gibt öffentlich darüber Auskunft, welche Besitzrechte erworben werden können.
Der wirtschaftliche Vorteil im Ankauf, den der große Mann gegenüber dem kleinen hat (denn er kann warten, er ist besser informiert, er kann sich jeden Art von Hilfe leisten), wird nicht durch Gesetze berichtigt, die die Erwerbsbemühungen des kleinen Mannes fördern und die des reichen Mannes behindern. In Ermangelung solcher Gesetze ist die Einrichtung von Kleinbesitz in Form von Land unmöglich.
Sobald der Kleinbesitz eingerichtet ist, kann er nur durch eine weitere Serie von schützenden Gesetzen erhalten werden, da der uneingeschränkte Wettbewerb ihn vernichten würde. Es muss eine gewisse Vermarktung der Erzeugnisse geben. Sofern die Gesetze die Macht des Monopols nicht eindämmen, wird der Markt durch einen kapitalistischen Konzern kontrolliert, wie eklatant im Fall der Milchindustrie aktuell in England. Es muss eine gewisse Güterverfrachtung geben. Sofern die Gesetze den kleinen Mann nicht bevorzugen, wird ihn der kapitalistische Güterverkehr und sein Monopol ruinieren. Und wenn ich von Gesetzen rede, dann lege ich den Begriff so weit aus, dass er jede durch die Obrigkeit auferlegte Verordnung, und sei sie noch so unbedeutend, miteinschließt. Will im heutigen England jemand beispielsweise seinen eigenen Weizen mahlen, dann wird er durch Verordnungen stark behindert, die die große kapitalistische Mühlenindustrie fördern und ihm eine beträchtliche Geldbuße auferlegen.
Nun ist das gesetzgebende Organ in diesem Land das Parlament. Natürlich wissen wir alle, dass die wahre Macht in den Händen der großen Konzerne liegt; angefangen mit dem Bankenmonopol, dem die Politiker als Mitglieder oder als Knechte dienen. Nichtsdestotrotz steht das Parlament offenkundig am Ende der Entscheidungskette.
Aber das Parlament bedeutet heutzutage Plutokratie. Es pflegte für die Aristokratie zu stehen, die, war sie nun populär oder nicht, eine stabile Regierungsform ist und im Offenen agiert. Die Plutokratie ist weder stabil noch offen und muss durch Falschheiten arbeiten.
Der abscheuliche Zustand des Parlaments ist sprichwörtlich geworden. Die Atmosphäre von Bestechung und Erpressung – es handelt sich vielmehr um einen Gestank als um eine Atmosphäre – ist das eigentliche Flair der sogenannten „Politik“.
Solange dies nicht beseitigt ist, kann nichts erreicht werden.
Das Anliegen derjenigen, die auf die Notwendigkeit einer Reform in der moribunden und entwürdigten Maschinerie zu Westminster drängen, und besser noch, auf ihre Ersetzung durch vom Volke ausgehende und monarchische Gewalten, gilt oftmals als aussichtslos. Gerade weil das, was sie angreifen, derart von Herzen und verdientermaßen verachtet wird. Dennoch ist ihre Stoßrichtung die richtige. Es handelt sich um den Kernpunkt. Solange die legislative Maschinerie aus Monopolisten besteht und von ihnen kontrolliert wird, ist jede Bemühung zur Wiederherstellung eines gesunden Wirtschaftslebens zum Scheitern verurteilt.
Meine Schlussfolgerung lautet also, dass mit allen anderen Programmpunkten zur Wiederherstellung einer englischen Bauernschaft ein Programm zur Umgestaltung des kranken Zentrums der politischen Gewalt einhergehen muss.
- Hilaire Belloc, Flee to the Fields